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Sonnenuntergänge fotografieren

Freitag, 30.09.2016

Sonnenuntergänge fotografieren

von greatif

Ge­ra­de im Herbst, wenn zu abend­li­cher Stun­de die tief­ste­hen­de Sonne am Ho­ri­zont zu ver­schwin­den be­ginnt, bringt sie Him­mel und Wol­ken häu­fig in den in­ten­sivs­ten Fa­r­ben zum Leuch­ten. Den Be­trach­tern bie­tet sich dann für eine kurze Zeit­span­ne ein spek­ta­ku­lä­res Schau­spiel, bei dem nicht We­ni­ge spon­tan ver­su­chen, die­sen Au­gen­blick mit der (Handy-)Ka­me­ra fest­zu­hal­ten.

Das Be­trach­ten der Fotos geht dann je­doch häu­fig mit Ent­täu­schung ein­her: Der Him­mel wirkt viel hel­ler, als er doch ei­gent­lich war, seine Fa­r­ben sind nur matt; schlimms­ten­falls zeigt der Him­mel gar keine Zeich­nung und ist ein­fach nur weiß, d.h. "aus­ge­brannt". Oder der Him­mel wirkt zwar zu­frie­den­stel­lend, aber der Vor­der­grund, den man mit­fo­to­gra­fiert hat, ist viel zu dun­kel bzw. sogar schwa­rz "ab­ge­sof­fen". (Wir gehen an die­ser Stel­le davon aus, dass es kein be­wuss­tes Stil­mit­tel sein soll­te, den Vor­der­grund als Sil­hou­et­te schwa­rz dar­zu­stel­len.)

Der Grund für die­ses Phä­no­men liegt darin, dass der hohe Dy­na­mi­k­um­fang, der bei einer sol­chen Licht- und Fa­rb­si­tua­ti­on vor­herrscht, von der Ka­me­ra (egal ob Han­dy­ka­me­ra oder Spie­gel­re­flex-Ka­me­ra (DSLR)) nicht voll­um­fäng­lich auf dem Sen­sor ab­ge­bil­det wer­den kann. Genau das macht das Ab­lich­ten von Son­nen­un­ter­gän­gen zu einer der span­nends­ten Dis­zi­plin in der (Land­schafts-)Fo­to­gra­fie.

Um die­ser be­son­de­ren Her­aus­for­de­rung nun ge­recht zu wer­den, gibt es ver­schie­de­ne Her­an­ge­hens- bzw. Ar­beits­wei­sen:

Allen ist je­doch eine Grund­vor­aus­set­zung ge­mein - zur rich­ti­gen Zeit am rich­ti­gen Ort zu sein! Da die beste Licht­stim­mung bei einem Son­nen­un­ter­gang nicht län­ger als etwa 15 - 20 Mi­nu­ten dau­ert, muss das Setup, mit dem fo­to­gra­fiert wird, recht­zei­tig ste­hen. Es nutzt die beste und teu­ers­te Ka­me­ra nichts, wenn das Licht be­reits weg ist.

Es muss auch keine DSLR aus dem Profi-Seg­ment sein, es emp­fiehlt sich je­doch eine Ka­me­ra zu ver­wen­den, wel­che das RAW-For­mat un­ter­stützt, da hier mehr Bild­in­for­ma­ti­o­nen ge­spei­chert wer­den, als im JPEG-For­mat. Dies be­deu­tet kon­kret, dass so­wohl in den hel­len als auch in den dunk­len Bild­be­rei­chen mehr Struk­tu­ren er­hal­ten blei­ben und der Spiel­raum bis zu einem Aus­bren­nen oder Ab­sau­fen we­sent­lich grö­ßer ist. Au­ßer­dem soll­te sich die Ka­me­ra auf einem fes­ten Un­ter­grund be­fin­den, um Ver­wa­cke­lun­gen zu ver­mei­den. Dabei muss es nicht zwin­gend ein Sta­tiv sein, da Ver­schluss­zei­ten, wie bei Lang­zeit­be­lich­tun­gen nicht er­reicht wer­den; es ge­nügt auch eine Mauer, ein Tisch oder was ge­ra­de als Stüt­ze zur Hand ist. Bei DSLR-Ka­me­ras emp­fiehlt es sich zu­sätz­lich, die Spie­gel­ver­rie­ge­lung zu ak­ti­vie­ren um Er­schüt­te­run­gen durch das Schwin­gen des Spie­gels zu ver­mei­den. Aus dem­sel­ben Grund soll­te auch via Fer­n­aus­lö­ser oder zeit­ver­zö­gert aus­ge­löst wer­den. Fo­kus­siert wer­den soll­te ma­nu­ell, da bei den ex­tre­men Licht­ver­hält­nis­sen der Au­to­fo­kus vie­ler Ob­jek­ti­ve häu­fig nicht rich­tig scha­rf­stellt; ein mög­li­cher Bild­s­ta­bi­li­sa­tor soll­te aus­ge­schal­tet wer­den.

Ab hier schei­den sich dann die Geis­ter und es bie­ten sich im We­sent­li­chen drei Mög­lich­kei­ten an, mit dem hohen Kon­trast zwi­schen hel­lem Him­mel und dunk­lem Vor­der­grund um­zu­ge­hen:

  1. Man misst die Ka­me­ra für die Be­lich­tungs­zeit so ein, dass der Him­mel nicht viel zu hell und der Vor­der­grund nicht ab­so­lut dun­kel ist und er­stellt dann eine Auf­nah­me. In der Nach­be­a­r­bei­tung mit einer RAW-fä­hi­gen Soft­ware, etwa Ca­me­ra-RAW in Adobe Lightroom oder Pho­to­shop, wer­den nach­träg­lich die hel­len Bild­par­ti­en ab­ge­dun­kelt, so­dass der Him­mel dunk­ler und kräf­ti­ger wird. Der dunk­le Vor­der­grund hin­ge­gen wird auf­ge­hellt. Damit geht ein ge­wis­ser Kon­trast­ver­lust ein­her, den man durch An­he­bung von Kla­r­heit und Kon­trast wie­der aus­glei­chen kann. Zu­sätz­lich lässt sich die Fa­rb­dy­na­mik an­he­ben, das "Bildrau­schen" in den dunk­len Be­rei­chen re­du­zie­ren und die Schär­fe er­hö­hen.
  2. Man be­fes­tigt vor dem Ob­jek­tiv der Ka­me­ra einen sog. "Grau­ver­laufs­fil­ter", der den Him­mel - ver­gleich­bar einer Son­nen­bril­le - ab­dun­kelt. Dabei soll­ten je­doch qua­li­ta­tiv hoch­wer­ti­ge (zu­meist nicht ganz bil­li­ge) Fil­ter-Sys­te­me ver­wen­det wer­den, da "Güns­tig-Va­ri­a­n­ten" u.a. häu­fig den ei­gent­li­chen Fa­rb­ton ins Röt­li­che ver­fäl­schen. Zudem wer­den Teile des Vor­der­grun­des mit­ab­ge­dun­kelt, wenn die­ser nicht ab­so­lut ho­ri­zon­tal ver­läuft, was eben­falls das Motiv un­schön ver­fälscht. Bei allen - auch den hoch­wer­ti­gen - Fil­ter-Sys­te­men kommt au­ßer­dem hinzu, dass die zu­sätz­li­che (Fil­ter-)Glas­p­lat­te vor der Ob­jek­tiv-Linse für zu­min­dest mi­ni­ma­le Un­schär­fe sorgt. Der Vor­teil sol­cher Sys­te­me be­steht je­doch darin, dass der Him­mel in der Bild­be­a­r­bei­tung nicht mehr nach­träg­lich ab­ge­dun­kelt wer­den muss. Durch die Stär­ke des Fil­ters lässt sich au­ßer­dem die Be­lich­tungs­zeit so be­stim­men, dass der Vor­der­grund gleich wunsch­ge­mäß ab­ge­bil­det wird und nicht mehr nach­träg­lich auf­ge­hellt wer­den muss; ins­be­son­de­re wird da­durch auch das mit dem Auf­hel­len ein­her­ge­hen­de Bildrau­schen ver­mie­den.
  3. Man fer­tigt eine Be­lich­tungs­rei­he von zwei, drei oder fünf Bil­dern mit un­ter­schied­li­chen Be­lich­tungs­zei­ten, so­dass sämt­li­che Bild­tei­le auf min­des­tens einer Auf­nah­me op­ti­mal be­lich­tet wer­den. In der Nach­be­a­r­bei­tung, etwa mit Pho­to­ma­trix Pro, wer­den diese Auf­nah­men dann zu einem "High-Dy­na­mic-Range"-Bild (HDR) zu­sam­men­ge­rech­net, so­dass so­wohl Him­mel als auch Vor­der­grund op­ti­mal be­lich­tet sind. Hier ist je­doch viel Fein­ge­fühl bei der Jus­tie­rung er­for­der­lich, da häu­fig ein - in die­sem Fall - un­er­wünsch­ter künst­li­cher Look ent­steht. Zudem kann es bei der Zu­sam­men­rech­nung auch zu un­schö­nen Ver­zer­run­gen bei der Dar­stel­lung des Him­mels kom­men, wenn es wäh­rend der Auf­nah­men star­ke Wol­ken­be­we­gung gab. Au­ßer­dem soll­te bei Be­lich­tungs­rei­hen mit mehr als drei Auf­nah­men dann doch ein so­li­des Sta­tiv ver­wen­det wer­den, damit sich die Ein­zel­bil­der bei der spä­te­ren Zu­sam­men­rech­nung best­mög­lich über­la­gern. Neben der Er­stel­lung eines HDR-Bil­des be­steht auch die (mit einem er­heb­lich hö­he­ren Auf­wand ver­bun­de­ne) Mög­lich­keit, die ein­zel­nen Auf­nah­men in Pho­to­shop ma­nu­ell zu kom­bi­nie­ren. Hier ist dann je­doch mehr der Gra­fik­de­si­g­ner als der Fo­to­graf ge­fragt.

Alle Me­tho­den haben ihre Vor- und Nach­tei­le, es gibt daher kein "Rich­tig" oder "Falsch". Wie immer in der Fo­to­gra­fie gilt auch hier: Selbst aus­pro­bie­ren! Jeder muss für sich ent­schei­den, wel­che Me­tho­de ihm am meis­ten zu­sagt. Für Ein­stei­ger zu emp­feh­len - weil tech­nisch am ein­fachs­ten um­setz­bar - ist si­cher­lich die erste vor­ge­stell­te Me­tho­de. 

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